Zur Aussetzung: GL 387, 1-3 + GL 8, 6
Nach den Vespern: GL 858, 1-3 + Gebet S. 4
Aus dem Apostolischen Schreiben “Gaudete et exsultate”
über den Ruf zur Heiligkeit in der Welt von heute
(Papst Franziskus, 19.03.2018) – I
“Freut euch und jubelt” (Mt 5,12), sagt Jesus denen, die um seinetwillen verfolgt oder gedemütigt werden. Der Herr fordert alles; was er dafür anbietet, ist wahres Leben, das Glück, für das wir geschaffen wurden. Er will, dass wir heilig sind, und erwartet mehr von uns, als dass wir uns mit einer mittelmäßigen, verwässerten, flüchtigen Existenz zufriedengeben.
Die Heiligen, die bereits in der Gegenwart Gottes sind, unterhalten mit uns Bande der Liebe und der Gemeinschaft.
Das Buch der Offenbarung des Johannes bezeugt dies, wenn es von den Märtyrern spricht, die für uns eintreten: Ich sah “unter dem Altar die Seelen aller, die hingeschlachtet worden waren wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie abgelegt hatten. Sie riefen mit lauter Stimme und sagten: Wie lange zögerst du noch, Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, Gericht zu halten?” (6,9-10).
Wir können sagen: “Wir sind von den Freunden Gottes umgeben, geleitet und geführt. Ich brauche nicht allein zu tragen, was ich wahrhaftig allein nicht tragen könnte. Die Schar der Heiligen Gottes schützt und stützt und trägt mich.”
Niemand kann sich allein, als isoliertes Individuum, retten, sondern Gott zieht uns an, wobei er das komplexe Geflecht zwischenmenschlicher Beziehungen berücksichtigt, das der menschlichen Gemeinschaft innewohnt: Gott wollte in eine soziale Dynamik eintreten, in die Dynamik eines Volkes.
Wir sind alle aufgerufen, Zeugen zu sein, aber es gibt viele existentielle Weisen der Zeugenschaft. Es geht nicht darum, den Mut zu verlieren, wenn man Modelle der Heiligkeit betrachtet, die einem unerreichbar erscheinen.
Worauf es ankommt, ist, dass jeder Gläubige seinen eigenen Weg erkennt und sein Bestes zum Vorschein bringt, das, was Gott so persönlich in ihn hineingelegt hat.
Das sollte jeden und jede dazu anregen und ermutigen, alles zu geben, um auf den einzigartigen und unwiederholbaren Entwurf hin zu wachsen, den Gott von Ewigkeit her für ihn oder sie wollte: “Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt” (Jer 1,5).
Oft sind wir versucht zu meinen, dass die Heiligkeit nur denen vorbehalten sei, die die Möglichkeit haben, sich von den gewöhnlichen Beschäftigungen fernzuhalten, um viel Zeit dem Gebet zu widmen. Es ist aber nicht so.
Wir sind alle berufen, heilig zu sein, indem wir in der Liebe leben und im täglichen Tun unser persönliches Zeugnis ablegen, jeder an dem Platz, an dem er sich befindet.
Lass zu, dass die Taufgnade in dir Frucht bringt auf einem Weg der Heiligkeit. Lass zu, dass alles für Gott offen ist, und dazu entscheide dich für ihn, erwähle Gott ein ums andere Mal neu. Verlier nicht den Mut, denn du besitzt die Kraft des Heiligen Geistes, um das möglich zu machen.
Im Grunde ist die Heiligkeit die Frucht des Heiligen Geistes in deinem Leben. Wenn du die Versuchung verspürst, dich in deiner Schwäche zu verstricken, dann richte deine Augen auf den Gekreuzigten und sage: „Herr, ich bin ein armseliger Mensch, aber du kannst das Wunder vollbringen, mich ein wenig besser zu machen.“
Diese Heiligkeit, zu der der Herr dich ruft, wächst und wächst durch kleine Gesten. Nütze jeden Tag die Gelegenheit, um kleine Dinge in großartiger Weise zu erledigen.
Jeder Heilige ist eine Sendung; er ist ein Entwurf des Vaters, um zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte einen Aspekt des Evangeliums widerzuspiegeln und ihm konkrete Gestalt zu verleihen.
Diese Sendung hat ihren vollen Sinn in Christus und kann nur von ihm her verstanden werden.
Im Tiefsten bedeutet Heiligkeit, in Einheit mit ihm die Geheimnisse seines Lebens zu leben. Es kann aber auch beinhalten, in der eigenen Existenz verschiedene Aspekte des irdischen Lebens Jesu nachzubilden: sein verborgenes Leben, sein Leben in der Gemeinschaft, seine Nähe zu den Geringsten, seine Armut und andere Erscheinungsformen seiner Hingabe aus Liebe.
Der Heilsplan des Vaters ist Christus, und wir in ihm. Letztendlich ist es Christus, der in uns liebt, denn Heiligkeit ist “nichts anderes als die in Fülle gelebte Liebe”. Deshalb ist das Maß der Heiligkeit durch die Gestalt gegeben, die Christus in uns annimmt, dadurch, wie sehr wir in der Kraft des Heiligen Geistes unser ganzes Leben nach seinem Leben formen.
Wie man Christus nicht verstehen kann ohne das Reich, das zu bringen er gekommen war, so ist auch deine eigene Sendung untrennbar mit dem Aufbau jenes Reiches verbunden: “Sucht aber zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit” (Mt 6,33).
Deine Identifikation mit Christus und seinen Wünschen impliziert das Bemühen, mit ihm das Reich der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens für alle zu errichten.
Christus selbst will es mit dir leben, in all den Anstrengungen oder Entsagungen, die es mit sich bringt, wie auch in den Freuden und der Fruchtbarkeit, die es für dich bereithält. Deshalb wirst du dich nicht heiligen, ohne dich mit Leib und Seele hinzugeben, um in diesem Bemühen dein Bestes zu geben.
Die ständig neuen technologischen Errungenschaften, die Attraktivität des Reisens, die unzähligen Konsumangebote lassen nämlich dem Erklingen der Stimme Gottes manchmal keinen Raum.
Wie können wir da nicht erkennen, dass wir dieses hektische Rennen stoppen müssen, um einen persönlichen Raum wiederzuerlangen, was manchmal schmerzhaft, aber letztlich immer fruchtbar ist, in dem ein aufrichtiger Dialog mit Gott aufgenommen wird?
Wir brauchen einen Geist der Heiligkeit, der sowohl die Einsamkeit als auch den Dienst, die Innerlichkeit wie auch den Einsatz für die Verkündigung durchdringt, damit jeder Moment ein Ausdruck hingebungsvoller Liebe unter den Augen Gottes ist.
So werden all diese Momente zu Stufen auf unserem Weg der Heiligung.
Hab keine Angst vor der Heiligkeit. Sie wird dir nichts an Kraft, Leben oder Freude nehmen. Ganz im Gegenteil, denn du wirst dabei zu dem Menschen werden, an den der Vater dachte, als er dich erschaffen hat, und du wirst deinem eigenen Wesen treu bleiben. Von Gott abzuhängen befreit uns von der Sklaverei und lässt uns unsere Würde erkennen.
In dem Maß, in dem er sich heiligt, wird jeder Christ umso fruchtbarer für die Welt. Die Bischöfe Westafrikas haben uns gelehrt: “Im Geist der Neuevangelisierung sind wir berufen, dadurch evangelisiert zu werden und zu evangelisieren, dass ihr Getauften alle befähigt werdet, eure Rolle als Salz der Erde und Licht der Welt zu übernehmen, wo immer ihr seid.”
GEBET UM GEISTLICHE BERUFE
Herr Jesus Christus,
du hast Männer und Frauen berufen,
Alte und Junge, Arme und Reiche,
dass sie dir nachfolgen und so das Leben gewinnen.
Durch dich danken wir dem Vater im Heiligen Geist:
dass immer neu Menschen in Taufe und Firmung
den Geist empfangen,
dass sie als Kinder Gottes gestärkt sind
für ihre Aufgaben in Kirche und Welt.
Wir bitten dich für die Kirche unserer Diözese:
Lass sie nicht ihren Auftrag vergessen, die Gläubigen in ihrer
Berufung zu fördern und vor allem den jungen Menschen zu
helfen, deinen Ruf zu entdecken.
Du, Herr, kennst unsere Not.
Wir brauchen die Verkündigung deines Evangeliums,
die Erfahrung deiner Gegenwart in der Eucharistie
und in den anderen Sakramenten.
Herr, wir bitten dich von ganzem Herzen:
Schenke uns Priester, die unter der Führung
des Heiligen Geistes dein Wort verkündigen,
die den Armen und Kranken,
den Heimatlosen und Notleidenden beistehen,
die Gemeinden leiten und das Volk Gottes heiligen.
Lass sie ihrer Berufung treu bleiben.
Denn du bist der Hirt deines Volkes,
du bist unsere Hoffnung in Ewigkeit.
Franz Kamphaus